Grosser Himmel, big, big sky. Endlose Felder, die im Horizont verschwinden und zwischendurch die berühmten Kornspeicher…
Zwischen den Wäldern Ontarios im Osten und den Rocky Mountains im Westen liegen die zwei touristischen Stiefkinder Kanadas, die Provinzen Manitoba und Saskatchewan.Hier liegt auch die Kornkammer des Landes, fast drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Wogende Weizenfelder, endlose Weite, Felder die den Horizont berühren. Die Erdkrümmung kann man hier gut erahnen. Nichts verstellt die Aussicht, denn es gibt nichts anderes als Felder und Himmel. Doch halt, so ganz stimmt das nicht. Durchbrochen wird dieses „Nichts“ durch rote Farmhäuser und Kornspeicher oder ‚grain elevator’ wie sie auf Englisch heissen. Diese und die kleinen Farmerdörfchen, mal abgesehen von Winnipeg, durchbrechen die Eintönigkeit und ragen wie Kathedralen in den scheinbar endlosen, weiten Himmel.
Die Grain Elevators sind eine Ansammlung von Gebäuden, die zur Speicherung des Getreides dienen. Die ersten Gebäude dieser Art wurden in Buffalo, im Staate New York, 1842 von dem Händler Joseph Dart Jr und dem Ingenieur Rober Dunbar errichtet. Vorbild für ihre Konstruktion waren die dampfgetriebenen Aufzüge von Oliver Evans, die Getreide aus den Schiffen transportierten.
Die alten Kornspeicher wurden traditionell aus Holzpaneelen gebaut. Früher hatte jedes kleine Dorf ein oder mehrere Kornspeicher und meistens war der Name des Dorfes und des Besitzers in grossen Druckbuchstaben auf den Speichern aufgemalt. Speziell der Dorfname diente somit auch als Navigationsmerkmal in der endlosen und oft nicht sehr abwechslungsreichen Prärie und auch noch heute sind die Dorfnamen sichtbar, wenn auch in verblasstem Zustand.
Durch vereinfachte Transportbedingungen wurden die Kornspeicher zentralisiert und durch moderne, grössere Speicher ersetzt. Viele der grossen Farmkooperationen haben ihre eigenen modernen Speicher aber es gibt auch unabhängige Betreiber der Grain Elevators. Diese kaufen das Getreide der Farmer entweder zum Tagespreis oder zu einem vorher ausgehandelten Festpreis. Der Profit entsteht aus der Differenz zwischen momentanen Kaufpreis und dem zukünftigen Verkaufspreis.
Der Verlust der alten Grain Elevators symbolisiert die grosse Veränderung und den Einzug der Modernen in die kanadischen Landwirtschaft und damit auch auf den einhergehenden Lebenswandel in der Prärie.
Obwohl die Modernisierung viele Erleichterungen mit sich gebracht hat, beispielsweise effizientere Erträge und vereinfachte Transportmöglichkeiten, hat sie doch auch neue Herausforderungen und Fragen aufgeworfen. Eines der heutigen Herausforderung ist die Trennung von genetisch modifiziertem Getreide vom Rest der Getreidesorten. Hier sind getrennte Speicherkammern und Transporte vorgeschrieben, um eine Vermischung zu verhindern. Ganz streng sind die Auflagen, wenn es sich um Exporte in die Europäische Union handelt, da hier genetische modifizierte Nahrungsmittel nicht zu gelassen sind.
Leider gibt es heutzutage immer wenige der alten Prärie-Riesen und man muss die alte Präriesentimentalität schon suchen oder man fährt nach Inglis in Manitoba, wo vier von den ursprünglich fünf alten Kornspeichern in ein Museum umgewandelt wurden.
Photos & Story: Sabina Herbst