Das Wunder von Davos – der Aussenseiter Wolfsburg bezwingt den Favoriten Team Canada 3:2 nach Penalty

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Was für ein Spiel! Was für eine Dramatik! Die Wolfsburger werfen das Team Canada im Pre-Semifinal aus dem Spengler Cup! 3:2 lautet das Resultat nach Penalty

Favorit gegen Aussenseiter – Team Canada trifft den EHC Wolfsburg

Die Kanadier wollen von Anfang an klarmachen, wer hier das bessere Team ist und wirbeln durch die Wolfsburger Zone. Doch die Grizzlies Kontern, Laliberté zieht gleich mal ab, doch Turco hält. Es gibt hier die erste Strafe, und zwar weil bei Wolfsburg zu viele Spieler auf dem Eis standen. Patrick Pohl wird sie absitzen. Schnell gespielt über Pittis zum aufgerückten Murphy, der hat am langen Pfosten die grosse Möglichkeit, doch Dshunussow zeigt eine Glanzparade. Das Powerplay war gestern ein Problem der Kanadier, sie trafen nicht und mussten gar einen Shorthander hinnehmen. Auch dieses erste Überzahlspiel heute geht ohne Tor vorüber. Schneller Konter der Wolfsburger, Hospelt hat die gute Möglichkeit und verzieht. Rico Fata hat aber gehakt und muss dafür in die Kühlbox. Doch auch das Team Canada übersteht diese Strafe unbeschadet.

Beide Teams spielen hier mit offenem Visier und suchen die Offensive. Auf Tore warten wir aber bisher noch vergeblich. Canada-Goalie Turco ist bekannt für seine Passstärke und wagt immer wieder Ausflüge. Hier setzt er Cory Murphy ein, der aber von den Verteidigern abgekocht wird. Das ist die Führung für die Kanadier! Derrick Walser wird zwar als Torschütze ausgerufen, doch es war eigentlich der Wolfsburger David Laliberté, der den Querpass Domenico PIittis unglücklich zwischen den Schonern von Dshunussow durch ins eigene Tor ablenkt. PIittis ist damit der Torschütze. Robbie Bina spielt die Scheibe übers Plexiglas. Das gilt als Spielverzögerung und gibt zwei Minuten. Dshunussow zeigt gleich mehrere gute Paraden in diesem Boxplay gegen Williams und zuvor Heins. Er ist lange auf dem Eis, verliert die Scheibe gegen den zurückgekehrten Bina, der zieht los aber findet keine Lücke zwischen Turco’s Schonern. AHL-Stürmer Ryan Parent muss raus wegen Haltens. Es gibt ein Bully vor Turco und dann „schepperts“. Milley gewinnt das Bully und steckt durch auf John Laliberte, der einnetzt. Einstudierte Variante, die den Wolfsburgern hier den Ausgleich bringt und somit das zweite Tor an diesem Turnier. Turco sorgt immer wieder für Brisanz mit seinen Ausflügen. Hier übertreibt er es und spielt den Fehlpass, macht den Schnitzer aber mit einer tollen Parade wett. Überraschender Schlussstand des ersten Drittels. Mit dem Resultat 1:1 gehen die Mannschaften in die Kabienen. Das waren interessante erste 20 Minuten hier. Das Team Canada war bemüht, das Spieldiktat zu übernehmen, aber die Wolfsburger liessen das nicht wirklich zu und hielten gut dagegen. Der Name, der das erste Drittel prägte, war Laliberté. Erst war es der Kanadier David, der einen Pass von Domenico Pittis unglücklich ins eigene Tor ablenkte. Im Anschluss konnte der US-Amerikaner John Laliberte die Partie nach einem Bully im Powerplay ausgleichen. Für die Kanadier wars also nichts damit, hier schnell einen beruhigenden Vorsprung herauszuspielen und das Spiel nach ihren Wünschen zu gestalten. Die Frage ist nun auch, wie sehr das gestrige Spiel noch in ihren Köpfen ist und ob sie nicht irgendwann ins Zweifeln kommen. Das wäre die Chance für Wolfsburg, die hier durchaus gut mithalten und bei der ganzen Sache noch ein Wörtchen mitzureden haben werden. Wie entwickelt sich die Sache im zweiten Drittel?

Schaffen die Grizzlies ein „Spengler Cup-Wunder?

Kurz nach Anpfiff im Mitteldrittel, Kanada mit der nächsten guten Möglichkeit. McLean hämmert von der blauen Linie am Tor vorbei, doch die Scheibe prallt von der Bande zurück vors Tor, wo Ritchie bereitsteht, aber von den Wolfsburger Verteidigern mit geeinten Kräften weggearbeitet wird. Wolfsburg kommt hier zur nächsten Powerplay-Gelegenheit, das hat ja bereits einmal gut geklappt heute.

Der Übeltäter heisst Glenn Metropolit, sein Vergehen: Beinstellen. Pelletier schnappt sich einen schwachen Pass, zieht los, spielt den Doppelpass mit Vigier, der am Ende abzieht und Dshunussow zu einer Parade zwingt. Das war ein toller Konter. Metropolit hat seine Zwangspause absolviert und ist zurück. Kanada war während der zwei Minuten fast öfters im Angriff als die Grizzly Adams. Jetzt ballern die Wolfsburger aus allen Lagen, wobei aber kaum ein Schuss bis zu Turco kommt. Nun muss Joel Kwiatkowski raus, weil er den Gegenspieler festhält. Nächstes Powerplay für die Deutschen. Doch die kanadische Box steht diesmal ausgezeichnet und lässt nichts zu. Glen Metropolit mit einem Geniestreich, der einen perfekt getimten Pass auf Mark Hartigan spielt. Der ist alleine vor Dshunussow, aber schiesst links an dessen Kasten vorbei. Pittis sucht vor dem Tor Ritchie, der einschussbereit dasteht. Robbie Bina räumt ihn ab und nimmt dabei eine Strafe in Kauf, die es auch gibt. Tolles Powerplay der Kanadier. Sie lassen die Scheibe gut um die Wolfsburger Box laufen, bis einer von der blauen Linie zum Schuss kommt. Der Knaller wird vom Verteidiger geblockt und fällt Curtis McLean vor die Füsse, der keine Mühe hat, Dshunussow zum 2:1 zu bezwingen. Die Kanadier haben sich diese Führung hart erarbeiten müssen. Es ist nicht leicht gegen Wolfsburg, aber kurz vor Drittelsende konnte Kurtis McLean ein Powerplay zum Führungstreffer ummünzen. Letztlich ist das dann auch verdient, weil sie sich doch mehr Chancen erarbeiten konnten. Aber die Wolfsburger sind hier noch nicht geschlagen, noch ist hier alles drin.

Wer behält die Nerven?

Zwei Minuten sind im Schlussdrittel gespielt. Glen Metropolit muss hier das Tor machen! Williams und McLean kombinieren sich rechts vors Tor, McLean provoziert den Abpraller und die Scheibe liegt frei vor der Torlinie. Metropolit „rauscht“ in einem solchen Tempo heran, dass er die Schaufel nicht mehr rechtzeitig justieren kann und so spediert er die Scheibe vorbei.

Benedikt Kohl von den Grizzly Adams muss raus wegen Behinderung. Beinahe das 3:1, doch nach Perraults Schuss knallt die Scheibe via Dshunussows Maske nur an die Latte. Wolfsburg ist komplett und greift an! Eine Menge Chaos vor Turco, doch er behält die Übersicht und vereitelt die Chance, indem er Kopf und Kragen riskiert und sich auf die Scheibe wirft. Da war der Ausgleich nahe! Es fehlt nicht viel für die Wolfsburger, aber sie lasssen bisher in diesem Turnier einfach die Effizienz vermissen. Joel Perrault mit einem tollen Solo, kommt mit Tempo bis zu Dshunussow, doch dort ist Endstation. Man merkt aber schon, dass die Kanadier etwas mehr spielerische Klasse haben, Wolfsburg beschränkt sich hier aufs Kontern. Acht Minuten vor Schluss, Jeremy Williams, die Leihgabe von Red Bull Salzburg hält Benedikt Schopper zurück und eröffnet so den Wolfsburgern eine Powerplay-Gelegenheit. Da ist der erneute Ausgleich. Christopher Fischer mit einem Geschoss das an der Überschallgrenze kratzt, knallt den Puck ins hohe Eck. Furchner nimmt Turco die Sicht und der ist chancenlos! Alles ist wieder offen beim zweiter Powerplaytreffer für die Deutschen. Kanadas Reaktion fällt eher gemächlich aus. Haben sie hier den unbedingten Willen, dieses Spiel zu gewinnen? Die Klasse dazu hätten sie jedenfalls. Joel Perrault mit einem weiteren Vorstoss, setzt seinen Körper gut ein, Marvin Degon hält mit unfairen Mitteln dagegen. Powerplay Team Canada. Da fehlten gleich mehrmals nur Zentimeter bei Schüssen von Murphy, Pittis und Co, aber die Scheibe geht nicht rein. Wolfsburg übersteht diese Strafe. Noch 120 Sekunden sind zu überstehen. Die reguläre Spielzeit endet mit 2:2, es kommt zur ersten Verlängerung am diesjährigen Spenglercup. Die Sache ist noch nicht gegessen hier. Die Kanadier liessen gute Chancen zu Drittelsbeginn aus und verpassten es, eine Vorentscheidung zu erzwingen. Insbesondere Metropolit vergab eine Hundertprozentige. So blieb Wolfsburg im Spiel und kam im Powerplay durch Fischer zum Ausgleich!. So kommen die Zuschauer hier in den Genuss der Overtime.

Erste Verlängerung am diesjährigen Spengler Cup

Start der fünf Minuten Verlängerung im Sudden-Death-Modus bei denen vier gegen vier Spielern laufen. Byron Ritchie hat den ersten Matchpuck auf dem Stock. Vigier spielt ihn toll an, aber er erwischt die Scheibe nicht voll und scheitert an Dshunussow. Was für ein Kampf hier! Kanada versuchts mit Metropolit, aber der fällt im Zweikampf und kommt nicht an den Pass. Die Referees entscheiden auf kein Foul. Die Sirene erklingt zum letzten Mal, die Penalties werden die Entscheidung bringen müssen. Die Coaches besprechen sich mit ihren Spielern und müssen die Schützen bestimmen.

Je drei Spieler werden zunächst antreten. Auch die Goalies richten ein letztes Mal ihre Rüstungen, während das Eis nochmals gereinigt wird. Beide Teams werden hier frenetisch angefeuert, die Wolfsburger haben sich hier in die Gunst des Publikums gespielt. Joel Perrault ist der erste Schütze für das Team Canada. Er läuft an und trifft. Mike Bisai läuft für Wolfsburg an und scheitert an Turco Stacy Roest ist dran, doch diesmal hält Dshunussow. Kai Hospelt läuft an, legt ihn sich auf die Backhand und trifft!. Ausgleich! Oder? Der Videobeweis wird konsultiert. Er scheint tatsächlich hinter der Linie gewesen zu sein, Tor! Jean-Pierre Vigieer scheitert an Dshunussow. Matchpuck für Tyler Haskins!.Er ist vorbei an Turcos Stock, aber der macht mit dem Schoner die Lücke dicht. Kai Hospelt trifft auch diesmal! Er erwischt Turco zwischen den Schonern. Perrault muss treffen. Doch Dshunussow hält! Das wars. Das ist eine herbe Enttäuschung für die Kanadier, die natürlich ganz andere Ansprüche haben. Nach dem Debakel gestern verlieren sie heute gegen kampfstarke Grizzly Adams aus Wolfsburg. Die Wolfsburger jubeln, sie haben mit einer tollen Mannschaftsleistung den Favoriten bezwungen und die Überraschung geschafft. Torhüter Damian Dshunussow wird zum besten Wolfsburger ausgezeichnet, er hielt sein Team mit tollen Paraden im Spiel und ermöglichte diesen Sieg. Auch Kai Hospelt, der beim Penaltyschiessen zweimal eiskalt zuschlug, hat seinen Teil beigetragen. Letzlich war es aber ein Sieg der ganzen Mannschaft, den sie frenetisch bejubeln.

Team Canada CAN – EHC Wolfsburg DE   2:2 (1:1, 1:0, 0:1,0:0) n.P.
Tore und Strafen
für Team Canada
14. Spielminute Domenico Pittis 1:0
38. Spielminute Kurtis McLean (Shawn Heins) 2:1
5mal 2 Minuten gegen Canada
Mannschaftsaufstellung Team Canada:
Torhüter: 35 Marty Turco, 29 Jake Allen
27 Jordan Hendry, 44 Shawn Heins, 24 Jean-Pierre Vigier, 4 Joël Perrault, 10 Pascal Pelletier, 43 Derrick Walser, 8 Joel Kwiatkowski, 18 Jeremy Williams, 50 Glen Metropolit, 15 Brett McLean, 21 Cory Murphy, 7 Ryan Parent, 17 Kurtis McLean, 9 Domenico Pittis, 93 Byron Ritchie, 11 Doug Lynch, 19 Stacy Roest, 3 Mark Hartigan, 23 Rico Fata, 38 Eric Beaudoin,
Trainer: Marc Crawford, Doug Shedden

Schiedsrichter: Danny Kurmann, Jean Herbert, Roger Arm, Joris Müller

Tore und Strafen EHC Wolfsburg
19. Spielminute John Laliberte (Norm Milley)1:1
52. Spielminute Christopher Fischer 2:2
5mal 2 Minuten gegen Wolfsburg
Mannschaftsaufstellung EHC Wolfsburg
Torhüter: 30 Daniar Dschunussow, 1 Lukas Lang
11 Benedikt Schopper, 25 Marvin Degon, 9 Patrick Davis, 7 Colin Beardsmore, 16 David Laliberté, 17 Sebastian Furchner, 8 Kai Hospelt, 14 Norm Milley, 4 Nathan Paetsch, 24 Christopher Fischer, 15 John Laliberte, 10 Tyler Haskins, 37 Patrick Pohl, 28 Robbie bina, 34 Benedik Kohl, 21 Christoph Höhenleitner, 85 Mike Bishai, 36 Ilkka Pikkarainen, 13 Vincenz Mayer, 61 Andre Huebscher
Trainer: Pavel Gross, Mike Pellegrims

Info zum Spiel
Auftakt zum zweiten Pre-Semifinal-Match um den Spengler Cup zwischen dem Team Canada und den Grizzly Adams Wolfsburg. Das sogenannte „Pre-Semifinal“ ist eigentlich nichts anderes als ein Viertelfinale, es geht um die Halbfinal-Qualifikation. Der Spengler-Cup-Dauergast Team Canada tritt gegen den Neuling Wolfsburg um den deutschen Nationalspieler Kai Hospelt an. Dem Sieger winkt das Halbfinalduell gegen den KHL-Club Dinamo Riga. Den Wolfsburger Grizzlies lief bisher es alles andere als rund im Landwassertal. Gegen die Kloten Flyers ging man mit 0:6 unter und auch gegen Riga blieb man beim 1:3 ohne echte Chance. Dennoch war Wolfsburg-Hüter Lukas Lang, der heute allerdings Daniar Dshunussow Platz machen wird, einigermassen Guter Dinge: “Die Mannschaft hat gezeigt, was sie kann“, meinte er nach der Partie gegen Riga. Der Treffer sei sehr wichtig gewesen, auch im Hinblick auf das Semi-Halbfinale, so der 23-Jährige. Zuvor blieb das DEL-Team am Spengler Cup trotz zahlreicher Chancen über 110 Minuten ohne Torerfolg. Die kanadische NLA-Söldnertruppe wurde nach dem 7:1-Startsieg gestern beim 1:8 gegen Davos im Schlussdrittel so richtig überfahren. Sechs Tore musste Hüter Allen allein in den letzten 20 Minuten hinnehmen, seine Vorderleute liessen ihn kräftig im Stich, aber auch er selbst gab teilweise keine tolle Figur ab. “Das Beste, was wir tun können, ist dieses Spiel in den Mülleimer zu werfen und es so schnell wie möglich loszuwerden“, sagte Kanadas Assistenztrainer Doug Shedden im Interview nach dem Spiel. “Es war nur ein Spiel, wir sollten uns nun auf die nächste Aufgabe konzentrieren“, so Shedden weiter. Trotz des gestrigen Debakels ist das Team Canada hier Favorit. Fragen, ob die Kanadier, die ein hohes Durchschnittsalter aufweisen, denn fit genug seien für das dritte Spiel in drei Tagen, weist Aussistenzcoach Doug Shedden zurück: „Wir mussten schon letztes Jahr über die volle Distanz gehen und wir werden es dieses Jahr wieder tun“. Dennoch, auch die Grizzly Adams haben vor dem Turnier das Halbfinale als Ziel ausgegeben, und werden alles daran setzen, es zu erreichen. Dafür setzen sie wieder auf Schlussmann Daniar Dshunussow, der also Lukas Lang ersetzt. Auch die Kanadier wechseln den Goalie im Vergleich zum letzten Spiel aus, Marty Turco ersetzt Jake Allen.

Bilder: D. Peter/Linsenreflektion.ch
Reportage: Pressemitteilung HC Davos Management AG & Andrea Derungs